Quelle: S. Dörre

Foto: Privat

Mitglieder des Projektes: „Aufarbeitung der NS-„Euthanasie“, mit Schwerpunkt der auf dem Gebiet des heutigen Landes Hessen liegenden Zwischenanstalten von Hadamar“ zu Gast in Idstein.
Geführt durch die Mitglieder des "Gedenkortes Kalmenhof" und eine Mitarbeiterin von Vitos Teilhabe konnten sich Frau Prof. Mecking, Herr Prof Kersting, Herr Dr. Dörre und Herr Karl selber einen Eindruck vom Kalmenhof verschaffen.

2. August 2023

Besuch am Tatort: Angehörige von Lieselotte Wevers zu Besuch auf dem Idsteiner Kalmenhof

Lange war das Schicksal von Lieselotte Wevers in der Familie kein Thema. Das zwölfjährige Mädchen wurde am 22. September 1943 im Kalmenhof-Krankenhaus ermordet. Erst vor einigen Jahren wurde  Jutta Wevers, Nichte von Lieselotte Wevers aus Hösel (heute Ratingen, NRW), auf die ihr, bis dahin, unbekannte Tante aufmerksam: Eine Fotografie zeigt die damals etwa Zweijährige auf dem Schoß ihrer Großeltern. Erst auf ihre Nachfrage um wen es sich bei dem Mädchen handelt, wurde ihr mitgeteilt: „Das ist Lieselotte, das ist doch die Schwester deines Vaters“. 

Lieselotte Wevers kam 1931 in Düsseldorf mit einer Behinderung zur Welt. Ihre Eltern lebten in einem Dorf, das heute zu Ratingen gehört, und heirateten erst nach ihrer Geburt. Im Alter von zehn Jahren wurde Lieselotte in die Heil- und Pflegeanstalt St. Joseph in Düsseldorf-Unterrath verbracht. Von dort aus erfolgte zunächst ihre „Verlegung“ in die Anstalt Scheuern bei Nassau und am 11. September 1943 dann in den Kalmenhof, wo sie wenige Tage später vorgeblich an „Lungenentzündung“ und „Kreislaufschwäche“ bei „mongoloider Idiotie“ verstarb. 

© Stefan Gärth

Frau Niemann (Stadtarchivarin Idstein) Frau und Herr Wevers, Jürgen Schmitt , Martina Hartmann-Menz und Frau Schönhut-Keil vom Verein.

© Stefan Gärth

Frau Wevers

© Stefan Gärth

Frau und Herr Wevers, Jürgen Schmitt, Frau Schönhut-Keil,  Martina Hartmann-Menz, Frau Niemann.

Der innerhalb der Familie unterbrochene Erinnerungsfaden „wir haben nie über sie gesprochen“ wurde nun durch die Initiative ihrer Nichte, Jutta Wevers, wieder aufgenommen. Sie hatte ihrem Vater vor dessen Tod versprochen, das „Rätsel seiner Schwester Lieselotte“ zu lösen. Die Wiederentdeckung der Familienbiografie wurde durch die aktive Mithilfe des Leiters der Mahn- und Gedenkstätte der Stadt Düsseldorf, Dr. Bastian Fleermann, möglich. Er recherchierte an unterschiedlichen Stellen und entdeckte den Namen von Lieselotte Wevers schließlich im virtuellen Gedenkbuch „Kalmenhof-Gedenken“. So wurde klar, dass Lieselotte, entgegen der ursprünglichen Annahme der Familie, nicht in Hadamar ermordet worden war.  
 

Im Frühjahr 2023 fuhr Jutta Wevers zum ersten Mal nach Idstein und legte einen kleinen Kranz nieder. Wenig später ergab sich der Kontakt zu Mitgliedern des Vereins „Gedenkort Kalmenhof“, auf den ein reger Austausch von Informationen folgte. Schließlich wurde ein Treffen in Idstein vereinbart: Mitglieder des Vereins „Gedenkort Kalmenhof“ (Jürgen Schmitt, Evelyn Schönhut-Keil und Martina Hartmann-Menz) wie auch die Idsteiner Stadtarchivarin Claudia Niemann tauschten sich vor Ort über die, mitunter ähnlich verlaufenden, Aufarbeitungs-szenarien in Familien aus. Die Sichtbarmachung der Namen der in Idstein Ermordeten, durch Mitglieder des Vereins „Gedenkort Kalmenhof“ im Internet, hat die Aufarbeitung der Familie Wevers überhaupt erst möglich gemacht. 

Beim gemeinsamen Rundgang über das Kalmenhof-Gelände besuchten die Angehörigen, die mit dem Schicksal von Lieselotte Wevers verbundenen, Tatorte. Sie sahen die Leichenhalle und nahmen das Kalmenhof-Krankenhaus von außen in den Blick. Für die Angehörigen unverständlich war die Entscheidung von Vitos Teilhabe Idstein, einen Besuch im Kalmenhof-Krankenhaus aus „versicherungsrechtlichen“ Gründen nicht zuzulassen. Leider, so Jürgen Schmitt vom Verein „Gedenkort Kalmenhof“, sei die Grablage der mutmaßlich in einem Massengrab liegenden Lieselotte Wevers auch 80 Jahre nach ihrer Ermordung nicht bekannt. Umso notwendiger, so das Ehepaar Wevers, sei eine dem Tatort angemessene Gestaltung des Areals, nach den Vorgaben des Gräbergesetzes, als auch eine würdige Nennung der Namen all jener Menschen im Bereich des Kalmenhof-Friedhofes, die Opfer der NS-Verbrechen geworden sind. Die Stadt Düsseldorf hat die Geschichte von Lieselotte aufgegriffen und möchte vor dem St. Joseph-Heim eine Gedenkstele für die Euthanasie-Opfer aufstellen. Erinnerung lebt von persönlichen Geschichten. So wird Lieselotte, stellvertretend für die Opfer der NZ-Zeit, deren Namen und Schicksale teilweise nicht bekannt sind, ein Gesicht geben. So fordert auch Martina Hartmann-Menz (Gedenkort Kalmenhof e.V.), die Namen der in Idstein ermordeten Menschen im Bereich des Kalmenhof-Friedhofs sichtbar zu machen und damit dem „Auslöschen aus der Erinnerung“ auf angemessene Weise zu begegnen.


 

© Stefan Gärth

Erinnern gegen das Vergessen 
10er der IGS Wallrabenstein besuchen die Gedenkstätte Kalmenhof Idstein

Am 25.04.2023 absolvierten die 10er-Klassen der IGS Wallrabenstein mit ihren Lehrkräften eine Tagesexkursion nach Idstein zur Gedenkstätte Kalmenhof. Begleitend unterstützt wurden sie dabei vom Bürgermeister der Gemeinde Hünstetten  Jan Kraus  sowie der Schuldirektorin der IGS – Bärbel Stein.

Bereits im Vorfeld hatten sich die SchülerInnen im Rahmen des GL- und WPU-Unterrichtes mit dem Thema Nationalsozialismus und der Abtötung „unwerten Lebens“ beschäftigt. Der nahegelegene Kalmenhof Idstein bot sich daher als Lernort an, da hier während der Hitler-Zeit im Zuge der Euthanasie hunderte vom Regime als „behindert" eingestufte Menschen mit Giftspritzen ermordet wurden, welche z.T. auch aus der Gemeinde Hünstetten kamen. In Hinblick auf das Tageslernprogramm wurden die SchülerInnen von den Vorsitzenden des Gedenkvereins durch drei verschiedene pädagogisch aufbereitete Stationen geleitet, welche sich sowohl auf die Originalquellenarbeit von Patientenakten und das Gräberfeld mit Außengelände bezogen als auch auf das Studieren der Gedenktafeln im Innengebäude des Kalmenhofs. Mit großem Interesse und sichtlich betroffen nahmen die SchülerInnen dabei die neu gewonnenen Informationen auf. Am Gräberfeld selbst sowie an der Leichenhalle legten die SchülerInnen ferner während ihres Rundgangs gemeinsam mit dem Bürgermeister Blumen für jeden Getöteten nieder.

Schlussendlich fiel die Resonanz bei allen Beteiligten sehr positiv aus, sodass die IGS Wallrabenstein in Zukunft weitere solcher Gedenktage einplanen wird, um aktiv mit dem Erinnern dem Vergessen der NS-Verbrechen entgegenzuwirken. Der ganze 10er-Jahrgang bedankt sich abschließend sehr herzlich bei allen Mitwirkenden, Begleitern und Organisatoren! 

S.Ponto

© Stefan Gärth

© Hartmann-Menz

© Stefan Gärth

© Stefan Gärth

© Stefan Gärth

Informationsveranstaltung  10. September 2022 in Idstein, Stadthalle

Alle Fotos/Bildrechte W. Montz

Anna Lührmann: Besuch auf dem Kalmenhof in Idstein

Die Staatsministerin Dr. Anna Lührmann informierte sich im Rahmen eines Besuchs auf dem Idsteiner Kalmenhof über die Arbeit des Vereins „Gedenkort Kalmenhof“. Begleitet wurde Lührmann von der ehemaligen 1. Beigeordneten des LWV, Evelin Schönhut-Keil, Timo Müller, Kreisvorsitzender von Bündnis/90 Die Grünen im Rheingau-Taunus-Kreis und Mitgliedern des Vereins „Gedenkort Kalmenhof“. Nach einem Rundgang über das Gelände gaben Jürgen Schmitt und Martina Hartmann-Menz einen Überblick über die Geschichte des Kalmenhofes und stellten Biografien von Menschen vor, die einstmals im Kalmenhof gelebt haben. Im Fokus des Ortstermins stand die Frage des Umgangs mit dem Kalmenhof-Krankenhaus, der Leichenhalle und dem Gräberfeld in den vergangenen Jahren. Insbesondere die erkennbar schadhafte Bausubstanz der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude (Kalmenhof-Krankenhaus und Leichenhalle) wurden in Augenschein genommen. Staatsministerin Dr. Lührmann würdigte das ehrenamtliche Engagement des Vereins „Gedenkort Kalmenhof e.V.“, der sich seit Jahren für den Erhalt der historisch bedeutsamen Gebäude im Bereich des Kalmenhofes einsetzt, Kontakte mit Angehörigen unterhält, Biografien aufarbeitet und Bildungs- und Erinnerungsarbeit betreibt. Staatsministerin Lührmann betonte, dass Erinnerung am authentischen Ort von NS-Verbrechen unbedingt notwendig sei und bestärkte die Vereinsmitglieder von „Gedenkort Kalmenhof“, ihr gesellschafts-politisch notwendiges Anliegen fortzuführen. Auch sagte sie zu, die Anliegen des Vereins von Berlin aus im Blick zu behalten, zumal bürgerschaftliches Engagement wie vom Verein „Gedenkort Kalmenhof“ seit Jahren betrieben eine der notwendigen Säulen einer aktiven Bürgergesellschaft sei. 

(von links): Jürgen Schmitt (Verein Gedenkort Kalmenhof), Staatsministerin Anna Lührmann, Martina Hartmann-Menz (Verein Gedenkort Kalmenhof), Timo Müller (Grünen-Kreisvorsitzender), Felix Bleuel (Kreistagsmitglied) und Evelin Schönhut-Keil (Ehemalige Erste Beigeordnete des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen). Die Roll-ups zeigen Biografien von Menschen, die einstmals im Kalmenhof lebten. (© Stefan Gärth)

Fotos © Stefan Gärth

 

Die Nazi-Verbrechen
auf dem Idsteiner Kalmenhof

Idsteiner Zeitung 25.11.2021

Beke Heeren-Pradt erzählt Lea Hellbach, wie die Aufarbeitung zu dem Thema voranschreitet.
Rheingehört-Podcast, mit freundlicher Genehmigung der VRM GmbH



Der Verein

 

 

Der Verein „Gedenkort Kalmenhof e.V.“ ist personell und inhaltlich aus einer 2014 gegründeten Arbeitsgruppe entstanden, die sich mit den Krankenmorden im damaligen Bezirksverband Nassau und deren unzureichenden gesellschaftspolitischen Aufarbeitung befasste.

Schwerpunktmäßig befasste sich die Arbeitsgruppe mit der Praxis der Zwangssterilisiation und den hundertfachen Krankenmorden auf dem Kalmenhof in Idstein.

Der im Jahr 2016 öffentlich gewordene Versuch des LWV Hessen, das ehemalige Kalmenhof-Krankenhaus, Tatort der Verbrechen, gewinnbringend zu veräußern und die damit verbundene Geschichte dem Vergessen anheim zu geben, war ausschlaggebend für die Vereinsgründung.

Im November 2018 wurde der Verein "Gedenkort Kalmenhof e.V." gegründet.

Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, im ehemaligen Kalmenhof-Krankenhaus einen Ort zu schaffen, der die Opfer des NS-Terrors  in den Mittelpunkt der Erinnerungsarbeit rückt. Biografien sollen erforscht und öffentlich gemacht werden. Kontakte zu Angehörigen sollen zur Ausweitung der Erinnerungsarbeit ermöglicht werden.

Der Verein setzt sich zum Ziel, dass im Krankenhausebäude und in der ehemaligen Leichenhalle Räume für eine würdige Erinnerungsarbeit geschaffen werden. 

Beide Gebäude müssen vor dem weiteren Verfall bewahrt und für die Zukunft gesichert werden.

Auch die  Aufarbeitung der „schwarzen Pädagogik“, die den Kalmenhof in der Nachkriegszeit prägte, ist Ziel unserer Arbeit.

Das Kalmenhof-Krankenhaus            Quelle: privat

Ziele und Grundsätze

Die Opfer eines rassistischen und menschenverachtenden Systems auf dem Kalmenhof und in der dortigen "Kinderfachabteilung" stehen im Mittelpunkt unserer Erinnerungsarbeit.

  • Umsetzung der Vorgaben des Gräbergesetzes der Bundesrepublik Deutschland (1965) auf dem Kalmenhof-Friedhof
  • Würdige Gestaltung des Friedhofes mit namentlicher Nennung aller Opfer
  • Ermöglichung eines Lern- und Gedenkortes am Tatort
  • Erforschung und Dokumentation von Biografien
  • Bereitstellung der vorhandenen Archivalien und Einrichtung eines öffentlich zugänglichen Archives
  • Darstellung und Erforschung der gelebten jüdischen Alltagskultur auf dem Kalmenhof

Wie Sie die Arbeit unterstützen können

Gedenkort Kalmenhof e. V.

IBAN: DE 82 8306 5408 0004 1267 93

BIC: GENODEF1SLR

Deutsche Skatbank

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E-mail: info@gedenkort-kalmenhof.de

Anschrift: Im Vorderlenzen 25

                       D-65510 Idstein

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